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Oberlandesgericht

Was ist das und was bedeutet es?

Beschreibung des Rechtsbegriffs Oberlandesgericht:

Das Oberlandesgericht (OLG) ist ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland und stellt die mittlere der drei Stufen der Gerichtshierarchie bei Zivil- und Strafsachen dar. Oberlandesgerichte sind grundsätzlich für die Rechtsmittelinstanzen zuständig, d.h., es werden dort überwiegend Berufungen und Revisionen gegen Urteile der untergeordneten Landgerichte verhandelt, sowie Beschwerden einiger Entscheidungen der Amtsgerichte.

In der Hierarchie der deutschen Gerichtsorganisation stehen unter den Oberlandesgerichten die Amtsgerichte und Landgerichte. Über diesen befindet sich lediglich noch der Bundesgerichtshof als höchstes ordentliches Gericht in der Bundesrepublik Deutschland. In jedem Bundesland gibt es mindestens ein Oberlandesgericht. Große Bundesländer wie Baden-Württemberg oder Bayern haben mehrere solcher Gerichte.

Die zentrale Funktion des OLG ist die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auf Länderebene in der Berufungs- und Revisionsinstanz. Dies bedeutet, dass das OLG auf die Wahrung der Rechtseinheit innerhalb seines Gerichtsbezirks achtgeben muss und durch seine Entscheidungen langfristig zur Entwicklung des Rechts beiträgt. Richter am Oberlandesgericht sind in der Regel hochqualifizierte Juristen mit viel Erfahrung in der Justiz. Sie arbeiten in Senaten, wobei ein Senat die kleinste entscheidende Einheit im OLG bildet. Diese Senate bestehen aus drei Berufsrichtern und, je nach Rechtsgebiet, können auch Schöffen oder ehrenamtliche Richter hinzugezogen werden.

Die Zuständigkeiten des OLG umfassen insbesondere die Bearbeitung von Berufungen gegen Urteile der Landgerichte in Zivilsachen und – in beschränktem Umfang – auch in Strafsachen. Des Weiteren obliegt ihnen die Entscheidung über Revisionen gegen Landgerichtsurteile in Strafsachen und über sogenannte weitere Beschwerden gegen Entscheidungen der Amtsgerichte, wenn das Landgericht als Beschwerdeinstanz bereits entschieden hat. Neben der allgemeinen Zuständigkeit können den Oberlandesgerichten auch besondere, landesrechtlich normierte Aufgaben zugewiesen sein.

In Familien- und Kindschaftssachen sind die Oberlandesgerichte sogar als erste Instanz zuständig, etwa bei Sorgerechtsstreitigkeiten oder bei der Entscheidung über internationale Kindesentführungen nach dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung.

Darüber hinaus sind die OLG auch für Staatsschutzdelikte zuständig, also für Straftaten, die sich gegen die innere oder äußere Sicherheit des Staates richten. Diese Delikte werden nicht von den normalen Strafsenaten verhandelt, sondern von speziell hierfür eingerichteten Staatsschutzsenaten.

Rechtlicher Kontext, in dem der Begriff Oberlandesgericht verwendet werden kann:

Ein Beispiel für die Rolle des OLG in der deutschen Justizlandschaft ergibt sich im Bereich des Zivilrechts. Angenommen, eine Partei verliert einen Prozess vor dem Landgericht, weil sie mit ihrer Klage auf Schadensersatz abgewiesen wurde. Diese Partei kann gegen das Urteil Berufung einlegen, sofern der Beschwerdewert eine gesetzlich bestimmte Grenze übersteigt – diese liegt oft bei 600 Euro, kann aber je nach Landesrecht variieren. Die Berufung würde dann beim zuständigen Oberlandesgericht verhandelt, welches das Urteil des Landgerichts überprüfen und eine eigene Entscheidung treffen kann. Die Berufung bietet die Möglichkeit, sowohl tatsächliche als auch rechtliche Fehler der ersten Instanz zu korrigieren.

Ein weiteres Beispiel ist die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts in Strafsachen. Ein Angeklagter, der vor einem Landgericht zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde, hat unter bestimmten Voraussetzungen das Recht, Revision einzulegen. Dabei wird das Verfahren vor dem Oberlandesgericht jedoch nicht in vollem Umfang neu aufgerollt, es findet keine erneute Beweisaufnahme statt. Vielmehr prüft das OLG, ob bei dem vorinstanzlichen Urteil Rechtsfehler begangen wurden. Ist dies der Fall, kann das OLG das Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverweisen oder das angefochtene Urteil selbst ändern.

Die Institution des Oberlandesgerichts stellt einen wesentlichen Eckpfeiler im System der Rechtsschutzgewährung in Deutschland dar. Die Möglichkeit der Überprüfung erstinstanzlicher Entscheidungen auf Berufung oder Revision hin trägt zur Qualität und Richtigkeit der Rechtsprechung bei und bietet den Beteiligten eine bedeutsame Form des rechtlichen Gehörs. Gerade in komplexen und bedeutenden Rechtsstreitigkeiten leistet das Oberlandesgericht durch seine Rechtsprechung einen maßgeblichen Beitrag zur Weiterentwicklung und einheitlichen Auslegung des deutschen Rechts.

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