Beschreibung des Rechtsbegriffs Musterklage:
Die Musterklage, auch bekannt als Musterverfahren, ist ein Instrument im deutschen Rechts-system, welches insbesondere im Bereich des Kapitalmarktrechts von Bedeutung ist. Sie ermöglicht es einer Vielzahl von Geschädigten mit ähnlichen Ansprüchen, ihre Rechte in einem koordinierten Verfahren gemeinschaftlich geltend zu machen, ohne dass jeder Einzelne Klage erheben muss. Das Musterverfahren hat das Ziel, eine Vielzahl von Einzelverfahren zu vermeiden und damit den Gerichten Arbeit zu ersparen und die Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu fördern.
Das bekannteste Beispiel einer solchen Klageart ist das Kapitalanleger-Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG). Das KapMuG erlaubt es Anlegern, die durch fehlerhafte Kapitalmarktinformationen geschädigt worden sind, ihre Ansprüche in einem strukturierten Verfahren zu bündeln. Der Ablauf beginnt typischerweise damit, dass ein Anleger Klage erhebt und seinen Fall als Musterfall vorschlägt. Wenn genügend betroffene Anleger ihre Fälle an die Klageregister anmelden, kann ein Gericht ein Musterverfahren anordnen. In diesem Prozess wird dann ein Musterbeklagter sowie ein Musterkläger bestimmt, deren Fall als Präzedenzfall dient.
Nicht zu verwechseln ist die Musterfeststellungsklage, die seit dem 1. November 2018 in Deutschland eingeführt worden ist. Hier können Verbraucherschutzverbände im Namen von Verbraucherinnen und Verbrauchern gegen Unternehmen vorgehen, wenn es um Verbraucherrechte geht. So kann beispielsweise gegen unzulässige Geschäftsbedingungen oder Schadensersatzansprüche vorgegangen werden, ohne dass jeder einzelne Verbraucher selbst klagen muss.
Ein wichtiger Aspekt des Verfahrens ist das Musterentscheid, der am Ende des Musterverfahrens ergeht. Dieser ist bindend für alle am Verfahren teilnehmenden Parteien und gilt als Präjudiz für nachfolgend stattfindende Einzelverfahren. Dabei ist es jedoch entscheidend, dass nur die rechtlichen Feststellungen des Musterentscheids bindend sind, während der Eintritt des individuellen Schadens und die Höhe des Anspruchs in den nachfolgenden Einzelprozessen geklärt werden müssen.
Rechtlicher Kontext, in dem der Begriff Musterklage verwendet werden kann:
Ein Beispiel für ein Musterverfahren nach dem KapMuG wäre der Fall um die Volkswagen AG im Zuge des Abgasskandals. Zahlreiche Anleger verloren Geld, nachdem bekannt wurde, dass Volkswagen in Millionen von Fahrzeugen Software eingebaut hatte, welche die Abgaswerte auf dem Prüfstand manipulierte. Dies führte zu einem starken Kursverlust der VW-Aktie. Viele Anleger fühlten sich durch die falschen Informationen des Unternehmens geschädigt und strebten daher Schadensersatz an. Um diese Fälle zu koordinieren, wurde ein Musterverfahren eingeleitet, in dem grundlegende Rechtsfragen geklärt werden sollten. Im Ergebnis sollten diese Entscheidungen dann auf alle eingetragenen Fälle angewendet werden.
Ein weiteres Beispiel ist die Musterfeststellungsklage, die zum Beispiel im Fall von Verbrauchern gegen eine Bank wegen unrechtmäßig berechneter Kreditgebühren erhoben werden könnte. Verbraucherschutzverbände könnten stellvertretend für alle Betroffenen gegen die Banken vorgehen, um die Unzulässigkeit der Gebühren feststellen zu lassen. Dadurch würde das Urteil, welches im Rahmen der Musterfeststellungsklage gefällt wird, nicht nur für die Kläger, sondern für alle betroffenen Kreditnehmer gelten, die sich dem Verfahren angeschlossen haben.
Die Bedeutung solcher Verfahren im deutschen Rechtssystem kann nicht unterschätzt werden. Sie tragen dazu bei, Rechtsschutz für eine Vielzahl von Betroffenen zu ermöglichen und gleichzeitig Gerichte zu entlasten. Sie verbessern die Effizienz und Effektivität des Rechtssystems, indem sie eine einheitliche Rechtsprechung zu komplexen und umfangreichen Sachverhalten fördern.
